Unter Verhalten versteht man (in der Psychologie) im Allgemeinen die Gesamtheit aller von außen beobachtbaren Äußerungen eines Lebewesens. Übertragen auf die Arbeitstätigkeit werden in dieser Hinsicht alle äußerlich sichtbaren Handlungen eines Menschen im Arbeitsprozess angesprochen.
Verhalten versus Einstellung
An den Stellen, an denen „Radar-Boxen“ vermutet werden, wird langsamer gefahren, um nicht erwischt zu werden. Das ist eine Verhaltensveränderung. Mit einer Einstellungsveränderung hat dies nichts zu tun. Erst die richtige Einstellung garantiert den dauerhaften Erfolg, in diesem Fall die permanente Einhaltung bzw. Unterschreitung der Höchstgeschwindigkeiten. Um eine solche Einstellungsänderung erreichen zu können, spielt die Komplexität menschlichen Verhaltens eine Rolle.
Reflexhaftes Verhalten
Was macht ein Elektroniker, wenn ihm der Lötkolben herunterfällt? Häufig eine „dumme“ Handlung – er greift nach (Oft wird das auch beobachtet bei spitzen und scharfen Gegenständen, die herunter fallen). Durch welche Maßnahmen kann man die Unfallquelle / Gefahr beseitigen?
a) Trainieren, nicht nachzugreifen? – nein!
b) Durch Unterweisung? – nein!
c) Durch Betriebsanweisung? – nein!
d) Durch veränderte Arbeitsorganisation – ja!
Lösung: Einrastmechanismus der Lötkolbenablage kann so beschaffen sein, dass der Lötkolben nicht zufällig herunterfallen kann.
Quelle: E. Fischer, Si.Magazin Ausgabe 1/2008
Erlerntes Verhalten
Das Leben ist von einem ständigen Lernprozess gekennzeichnet, der durch Lernen, Arbeiten und Spielen geprägt wird. Vieles Erlernte steht bewusst zur Verfügung und wird bewusst eingesetzt – berufliche Fachkenntnisse zum Beispiel. Anderes, so genannte Routinetätigkeiten, werden unbewusst ausgeführt: So kann man sich beispielsweise nicht genau an jede einzelne Bewegung und Handlung erinnern, wenn man ein Auto in Gang setzt.
Bewusstes Verhalten
Bewusstes Verhalten ist durch Einstellungen oder Motive bedingt. Für die Arbeitssicherheit bedeutet das, die erforderlichen sicherheitsrelevanten Einstellungen zu fördern und zu sicherheitsgerechtem Verhalten zu motivieren.
Unbewusstes Verhalten
Permanente Wiederholungen von Handlungsabläufen und Tätigkeiten führen zu einem Automatismus, sogenannten stereotypen Verhaltensweisen. Für die Arbeitssicherheit ist dies in zwei Richtungen von Bedeutung: Unbewusstes Verhalten kontrollieren. Es gibt durchaus Handlungsabläufe, die, sofern sie im Unterbewusstsein immer durchgeführt werden, die Sicherheit erhöhen. Solche Tätigkeiten sind z. B. das Anlegen des Sicherheitsgurts, sobald man im Auto sitzt. Weitere Beispiele für sicherheitsfördernde unterbewusste Handlungen, wie im Treppenbereich immer den Handlauf nutzen, im Bürobereich immer nach dem Gebrauch die Schubladen schließen. Die Kehrseite, unbewusste Verhaltensweisen erweisen sich häufig bei veränderten Bedingungen als potenzielle Unfallquelle, wie man läuft unbewusst. Im Normalfall ist das kein Problem. Hat man aber eine Stolperstelle > 4 mm, fällt man darüber! Achtsamkeit bei Umgewöhnung ist gefordert.
Man kann sicheres Verhalten entwickeln
Es basiert auf der Beeinflussbarkeit menschlichen Verhaltens! Die Frage ist nur, wie? 95% aller Arbeitsunfälle haben ihre Ursache nicht nur in technischen Faktoren, sondern sind verhaltensbedingt (Human Factors). Ihre Vermeidbarkeit liegt im Bereich menschlichen Verhaltens, das beeinflussbar und dadurch gestaltbar ist.
Zitat in Praxis eines Psychologen:
Hören Sie auf ihre Kinder zu erziehen, sie machen Ihnen so und so alles nach!
Auszug aus:
Dr. Mohammad Abed-Navandi
Die neue Qualität der Sicherheit
Warum sicheres Arbeiten „ansteckend“ wirkt
AUVA Forum Prävention
9. bis 12. Mai 2011
Wien-Hofburg